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· News - Bereitschaft Ebern

Spektakulärer Großeinsatz

Der gerettete Dr. Wolfgang Dressel und seinem Hund Abba zusammen mit der Notärztin Dr. Leonore Jahn und Rettungsanitäter Sascha ReifM. Will, NP Coburg
Der gerettete Dr. Wolfgang Dressel und seinem Hund Abba zusammen mit der Notärztin Dr. Leonore Jahn und Rettungsanitäter Sascha Reif

Tierarzt und Hund aus Steinbruch gerettet - Bereitschaftsmitglied Sascha Reif ist "Held der Stunde"

Maroldsweisach – In einer spektakulären Aktion haben Rettungsdienst, Feuerwehr und Bergwacht am frühen Sonntagmorgen einen 39 Jahre alten Tierarzt aus einer für ihn akut lebensgefährlichen Lage aus einer Steilwand im Basaltsteinbruch bei Maroldsweisach gerettet. Dr. Wolfgang Dressel hatte sich ohne jegliche Sicherung an einem nur wenige Zentimeter dicken Stromkabel knapp 30 Meter in die Tiefe hinab gehangelt, um seinen sechs Monate alten Jagdterrier zu retten, der in der Steilwand festsaß. Offenbar hatte der Veterinär die Situation völlig falsch eingeschätzt und sich dabei in Lebensgefahr gebracht. In eisiger Kälte musste der 39-Jährige bis zu seiner Rettung fast vier Stunden in knapp 50 Meter Höhe ausharren. Er wurde schließlich unverletzt abgeseilt. Über die Rettung waren nicht nur Dressel und seine Ehefrau, sondern auch sämtlich Helfer glücklich. Gemeinsam mit dem knapp sechs Monate alten Jagdterrier „Abba“ war Dr. Wolfgang Dressel, der bei Hofheim wohnt, am späten Samstagnachmittag zu einem Spaziergang rund um den Zeilberg aufgebrochen. Der kleine Hund soll später einmal als Rettungshund ausgebildet werden, weshalb der 39-Jährige mit dem putzigen Vierbeiner während des Ausflugs ein paar kleinere Übungen macht. Gegen 17.30 Uhr verschwindet der junge Hund in der einsetzenden Dunkelheit plötzlich. Laute Rufe bleiben unerhört, der Vierbeiner ist wie vom Erdboden verschluckt. In Dressels Brust schlägt das Herz eines Tierfreundes, nicht nur von Berufs wegen. Der 39-Jährige gibt nicht auf, sucht stundenlang nach der kleinen Hündin. Zunächst ohne Erfolg, weshalb der Veterinär gegen 21.00 Uhr die Polizeiinspektion Ebern über das Verschwinden seines Hundes informiert. Obwohl es von „Abba“ auch danach nicht die geringste Spur gibt, sucht Dr. Wolfgang Dressel unermüdlich weiter und wird schließlich auch von seiner Ehefrau unterstützt. Sie selbst ist ehrenamtlich in einer Rettungshundestaffel tätig und eilt ihrem Mann zur Hilfe. Die Ausdauer des Ehepaares wird schließlich am frühen Sonntagmorgen nach fast zehn Stunden Suche von Erfolg gekrönt: Sie entdecken den Terrier in einer Steilwand des Basaltsteinbruchs. Das Tier ist in auswegloser Lage, befindet sich in einer kleinen Steinmulde – rund 30 Meter unterhalb der Abbruchkante und insgesamt etwa 80 Meter über dem sicheren Grund und Boden. Tierfreund Dressel fasst in diesem Moment einen mutigen aber zugleich lebensgefährlichen Entschluss: Ohne jede Hilfe und ohne Sicherung hangelt sich der 39-Jährige bei Temperaturen um den Gefrierpunkt und auf den rutschigen und kantigen Felsen hinab zu seinem Vierbeiner. Lediglich ein den Abhang herabhängendes Stromkabel gibt dem Tierarzt minimalen Halt – unter ihm 80 Meter Tiefe. Um den Kopf hat er eine Stirnleuchte gebunden, die jeden Schritt nur mit einem schwachen Lichtstrahl ausleuchtet. Nach unzähligen Minuten kommt Wolfgang Dressel bei „Abba“ an. Die ist überglücklich, ihr Herrchen wiederzusehen. Dressel geht es genauso, er schließt seinen Hund in die Arme. Doch wenige Augenblicke später erkennt der 39-Jährige, dass er den 30 Meter langen Aufstieg zusammen mit seinem Terrier aus eigener Kraft nicht mehr schaffen kann, zumal er sich beim Abstieg Schmerzen im Knie zugezogen hat. Seine Frau alarmiert schließlich um 4.52 Uhr über Handy die Polizeieinsatzzentrale in Würzburg. Kurz darauf folgt ein Großeinsatz, um den Hilflosen aus der Gefahr zu retten. Wenige Minuten später rücken die Feuerwehren aus Maroldsweisach, Hafenpreppach und Hofheim an, um den Steilhang mit Lichtgiraffen auszuleuchten. Zudem sind von den Feuerwehren Hafenpreppach und Hofheim speziell ausgebildete Kräfte der Höhensicherungsgruppen vor Ort. Doch aufgrund der akuten Gefahrenlage entschließen sich die Feuerwehrleute, nicht zu dem 39-Jährigen hinab zu steigen, sondern das Eintreffen der bereits alarmierten Bergwacht Rhön aus dem rund 50 Kilometer entfernten Bad Neustadt an der Saale abzuwarten. Derweil hält sich Dr. Wolfgang Dressel mit einer Hand an dem Stromkabel fest, mit der anderen schützt er seinen Hund. Gegen 6.15 Uhr fasst schließlich Sascha Reif einen mutigen Entschluss. Der 29-Jährige gehört zur Besatzung eines Rettungswagens des BRK aus Ebern. Vor seiner Zeit beim Rettungsdienst war er Berufssoldat und bei den Gebirgsjägern im Einsatz. Klettern gehörte für ihn bei der Bundeswehr zur Ausbildung dazu. Also setzt sich Sascha Reif einen Schutzhelm auf, wird von der Feuerwehr mit Gurtzeug gesichert und dann unter fachkundiger Aufsicht der Spezialisten der Höhensicherungsgruppe der Feuerwehr Hafenpreppach zu dem Tierarzt hinab gelassen. Nach vier Minuten ist er bei ihm, legt ihm ebenfalls Gurtzeug an und kann den 39-Jährigen so vor einem möglichen Absturz sichern. Gemeinsam warten der Sanitäter und der Tierarzt dann das Eintreffen der Bergwacht ab, die kurz darauf mit 18 Mann zur Stelle ist. Roland Zschorn, erfahrener Bergretter, steigt von oben in die Wand, seilt sich zu den beiden und „Abba“ ab. Nochmals wird Wolfgang Dressel gesichert, dann erfolgt der rund 50 Meter tiefe Abstieg. Zschorn nimmt den Tierarzt in einem speziellen Gurtsystem Huckepack, Meter für Meter geht es in die Tiefe. Zehn Minuten später ist der Schreck und die Aufregung vorbei. Beide sind sicher am Boden angelangt und werden von Notärztin Dr. Leonore Jahn in Empfang genommen. Sascha Reif steigt die Felswand wieder empor und wird oben von seinem Kollegen Peter Kachelmaier und den Feuerwehrleuten in Empfang genommen. Anerkennend klopfen sie ihm auf die Schulter. Eine prima Leistung! Der junge Sanitäter ist in diesem Augenblick der „Held der Stunde“. Doch um seine Rettungsaktion macht Sascha Reif nicht viel Aufhebens. „Ich bin froh, dass ich helfen konnte“, sagt er bescheiden. Dr. Wolfgang Dressel wird derweil von der Notärztin in einem Rettungswagen untersucht. Zum Glück ist er nicht ernsthaft verletzt, hat sich lediglich leichte Unterkühlungen zugezogen und muss nicht ins Krankenhaus gebracht werden. Noch im Rettungswagen schließt der Tierfreund „Abba“ in die Arme, als Helfer den Terrier zu ihm bringen. Inzwischen ist es kurz nach 7.30 Uhr. Langsam bricht der Tag an, verdrängt die Dunkelheit der Nacht. Alle Einsatzkräfte, unter ihnen auch fünf Beamte der Polizeiinspektion Ebern, sind froh, dass die spektakuläre Rettungsaktion ohne Verletzte zu Ende gegangen ist. Bei allem Glück, Andreas Bott, Einsatzleiter der Bergwacht Rhön, schüttelt dennoch den Kopf angesichts der Leichtsinnigkeit, durch die der Tierarzt sein Leben auf‘s Spiel gesetzt hat: „Ohne Ausrüstung und in der Dunkelheit die Felsen hinab zu steigen, das ist Wahnsinn.“ Text & Bilder: M. Will, NP Coburg