Neuerungen der Fahrzeugtechnik fordern auch Rettungsdienst
2008 war nach Angaben des statistischen Bundesamtes die Zahl der Verkehrstoten in Deutschland auf den geringsten Stand seit 1950 gesunken – ca. 4400 Menschen wurden 2008 im Straßenverkehr getötet.
Neue Sicherheitssysteme der Fahrzeugtechnik wie z.B. Airbags, ABS, Bremsassistent, ESP, SIPS (side impact protection system) usw. tragen erheblich zum Schutz der Fahrzeuginsassen bei – sie stellen aber auch völlig neue Anforderungen an die Retter, wenn nach einem Unfall medizinische Hilfe erforderlich ist.
Landesfeuerwehrarzt Klaus Friedrich aus Nürnberg sprach dazu im vollbesetzten Lehrsaal des Bayerischen Roten Kreuzes im Kreisverband Haßberge vor haupt-und ehrenamtlichen Rettungsdienstmitarbeitern sowie 6 Notärzten der Notarztgruppe Haßfurt. Bereits zum dritten Mal in Folge war er als Referent der Einladung nach Haßfurt gefolgt. Schwerpunkt seines Vortrags war das Zusammenspiel der technischen und medizinischen Rettung durch Feuerwehr und Rettungsdienst. Gerade Neuerungen der Fahrzeugtechnik, die zur Stablität der Fahrgastzelle führen, wie Mittelkonsolenverstärkung und neuartige Fahrzeugverglasungen können bei Unkenntnis Probleme beim Zugang zum Patienten bereiten, wenn sie nicht sogar eine Gefährdung des Retters selbst etwa durch Glasstaub oder Sekundärauslösung eines Airbags bedeuten.
Die „hohe Kunst der notfallmedizinischen Versorgung“ wird beim Polytrauma als maximale Anforderung an das gesamte Rettungsteam gestellt. Der „Faktor Zeit“ spielt hier eine herausragende Rolle. Hat sich mit dem sogenannten Erstzugang ein einzelner Helfer Zugang zum Verletzen verschafft, kann er zunächst versuchen, lebensnotwendige Funktionen wie Atmung und Kreislauf zu unterstützen. Möglichst bald muss dann ein „therapeutischer Zugang“ zum Patienten erweitert werden. Nur so ist eine umfassende medizinische Versorgung und der spätere Transport in eine geeignete Zielklinik überhaupt möglich. Dazu muß stets die Türe des Fahrzeugs entfernt werden – Friedrich empfiehlt sogar komplette Entfernung beider Türen sowie der sog. B-Säule im Sinne eines „total side remove“.
Mögliche Lösungsansätze, die Rettungszeit zu verkürzen, sieht Friedrich in der Rettungskarte, die jeder für sein Fahrzeug aus dem Internet herunterladen könne um sie für den Notfall unter der Sonnenblende an der Fahrerseite zu deponieren. Rettungskräfte erhalten somit wichtige Informationen über den Fahrzeugaufbau für die technische Rettung.
Bereitschaftsleiter Wolfgang Zweverink bedankte sich im Namen aller für einen sehr lebendigen, interessanten Vortrag, nicht ohne von Herrn Friedrich die Zusage für weitere Fortbildungsveranstaltungen in Haßfurt zu bekommen.
Bericht von Dr. Petra Matuska